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Wenn wir den Ratschlag vom deutschen Bienenforscher August von Berlepsch (1815-1877) folgen wollen: "Vor allem aber lernt die Theorie, sonst bleibt Ihr praktische Stümper Euer Leben lang", nach welchen Kriterien sollten wir die das Gelesene beurteilen? Bienenvölker sind recht unterschiedlich. Wann sind Untersuchungsergebnisse relevant?

Folgende wichtige Unterschiede können von einem Bienenvolk zum anderen vorliegen:

  1. Ausgangsbelastung mit Varroa
  2. Erkrankungen (Nosema, CBPV, u.a.)
  3. Ausgangsvolksstärke
  4. Königinnenqualität (Alter, Legeleistung, u.a.)
  5. Eigenschaften der Arbeitsbienen (Stechlust, Schwarmlust, Sammeltätigkeit, u.a.)

Welche Voraussetzungen für eine relevante Untersuchung sollten dann erfüllt sein?

  1. Versuchsanordnung mit Versuchs- und Kontrollvölker (Ausschliessen von Zufallsbefunden)
  2. Gleiche Behandlung aller Versuchs- und aller Kontrollvölker (Vergleichbarkeit)
  3. Mindestens je 6 Versuchs- und je 6 Kontrollvölker (Normalverteilung)
  4. Durchführung der Untersuchungen über zwei Jahre (Wetterabhängigkeit)
  5. Ausgleich der Volksstärken an allen Völkern vor Versuchsbeginn
  6. Verwendung von Geschwisterköniginnen (genetische Komponente)
  7. Gleiche Varroaausgangsbelastung (Oxalsäuredihydratbehandlung)

Die ursprüngliche Art der wissenschaftlichen Untersuchungen gingen nach der Methode Versuch und Irrtum vor. Im ersten Jahr wurde ein Versuch ohne Kontrollvölker unternommen. Das Ergebnis festgestellt. Im nächsten Jahr dann der nächste Vesuch. Erst die Einführung gleichzeitiger Untersuchungen mit Versuchs- und Kontrollvölker brachten relevante Ergebnisse hervor. Voraussetzung Nr. 1 ist daher zentral.

Dr. Jens Radtke erfüllt mit seinen Untersuchungen zu seiner Doktorarbeit die ersten 6 Voraussetzungen. Dabei ist die Anzahl der Versuchs- und Kontrollvölker je 10, so dass die Normalverteilung bestens berücksichtigt ist. Selbst das Auszählen der Milben wurde nicht von ihm selbst durchgeführt. Die 7. Voraussetzung ist sicher durchgeführt worden, geht aber aus seiner Doktorarbeit nicht hervor.

Bei Dr. Gerhard Liebig kann festgestellt werden, dass bei seinen Versuchen die ersten 4. Voraussetzungen erfüllt sind. Die 7. Voraussetzung wird sicher auch durchgeführt und sollte aus den Untersuchungsergebnissen auch hervorgehen.

Noch anzumerken ist, dass die Untersuchungen immer eine Bewertungskomponente aufweisen. Die untersuchten Bienenvölker wissen nicht, ob sie Kontroll- oder Versuchsvölker sind. Aber die Prüfer schon und hier lauern dann die Gefahren. Als Leser wird man diese Komponente nicht herauslesen können.

Bei vielen Untersuchungen kann man feststellen, dass die ersten 3 Voraussetzungen meistens erfüllt sind. Darüber hinaus, insbesondere über die Vergleichbarkeit der Völker wird meistens nichts berichtet. Auch die genetische Komponente findet kaum Erwähnung.

Seien Sie daher mit der Imkerliteratur vorsichtig. Besonders dann, wenn keine Vergleichsergebnisse vorliegen.

2022 Gökhan Gebel

Einfluss der Brutentnahme bei der Honigbiene auf ihre Leistung und Varroa-Parasitierung

Durch den bereits erfahrbaren Klimawandel werden wir vermutlich andere Maßnahmen ergreifen müssen um die Bienenvölker in Zukuft am Leben zu halten. Die vermutlich fehlende Brutpause über den Winter wird zu einer höheren Varroabelastung bereits früh im Jahr führen und noch höhere Winterverluste zu Folge haben.

Die Doktorarbeit von Dr. Jens Radtke „Einfluss der Brutentnahme bei der Honigbiene auf ihre Leistung und Varroa-Parasitierung“ zeigt hier einen möglichen Weg, der in Zukunft vermutlich erforderlich wird. Die Doktorarbeit ist als Taschenbuch (29,80 Euro) erschienen, 2012, Verlag Dr. Köster, ISBN 978-3-89574-788-5

Der Berufsweg von Dr. Jens Radtke erfolgte über Imkerlehre, Imkermeister und Studium zur Doktorarbeit über Brutentnahme und Varroabefall. Seine Doktorarbeit ist kein Lehrbuch und auch nicht einfach zu lesen. Wir empfehlen das Buch mehrmals zu lesen.

Bei Spättrachten ist die Varroabelastung zur Zeit das große Problem. Behandeln kann der Imker nicht, da noch nicht geerntet wurde, gleichzeitig steigt die Varroabelastung und  Winterverluste werden sehr wahrscheinlich. Das ist auch das Zukunftsszenario bei Klimanwandel mit der Variante, dass die Varroabelastung in Zukunft bereits bei Früh- und Sommertrachten sehr hoch sein wird.

Die Grundidee von Dr. Jens Radtke ist eine Betriebsweise mit vollständiger Brutentnahme zu entwickeln, die die Notwendigkeit einer Behandlung vor der Spättracht unnötig macht und Honigmindererträge, wegen der fehlenden Volksgröße, vermeidet. Gleichzeitig ist es wichtig, das die Arbeitsbelastung nicht steigt.

Hier kann man auf den Großmeister Bruder Adam vom Kloster Buckfast zurückblicken. Die vollständige Brutentnahme war für Bruder Adam eine exzellente Maßnahme zur Volksgesundung und wurde von ihm eine Zeitlang durchgeführt. Aber die damit verbundene fehlende Bienenmasse führte bei der Spättracht zu erheblichen Honigmindererträgen, so dass Bruder Adam davon wieder ablies.

Wie hat nun Dr. Jens Radtke dieses Problem gelöst? Die Versuchsreihe 5 mit „Zweimalige Entnahme der gesamten Verdeckelten Brut mit Rückvereinigung eines sanierten Ablegers“ zeigt den Lösungsweg.

Auch wenn man heute keine Spättrachten anfährt und die Klimaveränderung entspannt sieht, ist das Buch durch sein Zahlenmaterial sehr wertvoll. Wann genau eine Maßnahme durchgeführt wurde, wieviel Milliliter genau verwendet wurden, wieviele Varroen genau gefallen sind, wann genau und wieviel aufgefüttert wurde u.s.w sind genau nachzulesen.

Die varroaarme Führung der Völker durch das ganze Jahr mit der hier durchgeführten Versuchsreihen eröffnen einen Weg für die zukünftige Bienenhaltung.

2022 Gökhan Gebel

Meine Betriebsweise von Bruder Adam, Franck-Kosmos Verlag, 7. Aufl., ISBN: 978-3-440-09185-2

Seit der ersten Auflage 1969 sind mehr als 50 Jahre vergangen. Bruder Adam ist in der Zwischenzeit verstorben. Sein Buch lebt weiter und das zu Recht.

Auf Bruder Adam geht die Zucht der Buckfastköniginnen zurück, die er sehr erfolgreich 72 Jahre betrieben hat. Wir haben es hier mit einen der wenigen Großmeister des Imkerhandwerks zu tun.

Mit 94 Seiten ist das eher ein kleines Werk, welches aber sehr dicht geschrieben ist und daher nur langsam und mehrmals gelesen werden sollte. In seinem Werk geht es nicht um seine Königinnenzucht, sondern wie der Titel verspricht, um seine Betriebsweise.

Die Nutzung von Dadant-Beuten im deutschen Sprachraum ist sicher eine Folge seines Wirkens. Den Vorteil der Dadant-Beute sah Bruder Adam darin, dass weder geschröpft noch Ableger gebildet werden mussten. Es wurde nur erweitert.

Als Berufsimker wurden seine Vorstellungen von wirtschaftlichen Zielsetzungen geprägt, so dass die Honigernte eine der wichtigsten Zielsetzung seiner Imkerei war. Seinen Erfolg ordnet er interessanterweise nicht seinem Beutensystem oder Betriebsweise zu, sondern seiner Königinnenzucht.

Interessant sind auch wieder aufgegebenen Maßnahmen, die heute wieder in Mode sind. Am Anfang seiner Imkertätigkeit war das Warmhalten der Völker über den Winter groß in Mode. Allerdings entwickelten sich die Völker im Folgejahr lustlos und mit geringem Honigertrag, so dass diese Maßnahme wieder verschwand.

Nett ist auch der Seitenhieb auf die deutsche Imkerschaft, jeder Imker habe seine eigene Betriebsweise, während in England jeder Imker seine eigene Schwarmverhinderungsmethode habe.

Dagegen sind verschiedene Maßnahmen von ihm heute wieder topaktuell. Zum Beispiel wurden Ende Juni, kurz vor der Haupttracht, ein Teil der Völker in mit Mittelwänden ausgestatteten Beuten umlogiert. Die auslaufende Brut wurde später den Wirtschaftsvölkern zurückgegeben. Dies hatte keine Auswirkung auf auf die Sommertracht.

Allerdings litt die Spättracht (Heide) so sehr, dass von dieser Maßnahme Abstand genommen wurde. (S. 28, Meine Betriebsweise). Als Folge konnte diese Art der periodischen Brutentnahme nicht mehr durchgeführt werden, so dass Bruder Adam zu "einem Kompromiss gezwungen" wurde. Die drei ältesten Waben kamen Ende Juni an die Außenseite des Brutnestes, davon wurden 2 vor der Wanderung in die Heide und der dritte im folgenden Frühjahr entfernt (S. 28, Meine Betriebsweise).

Lesenswert sind auch seine ultraknappen Erläuterungen zur Bienenzucht. Der Hauptteil beschäftigt sich mit seiner Vorgehensweise in der Klosterimkerei.

Beim Lesen sollte man berücksichtigen, dass der Heidehonig als Spättracht aus dem Dartmoor eine wichtige Tracht von Bruder Adam war. Dagegen gab es kaum nennenswerte Frühtracht. Dadurch erklärt es sich auch, dass er seine Königinnen im Frühjahr ausgetauscht hat, nachdem sie in kleineren Ablegern, die ein Viertel-Dandanbeutengröße hatten, über den Winter gebracht waren. So hatte er bereits vorgeprüfte Königinnen. Hier im Norden von Deutschland mit der Haupttracht Raps, wäre dies schwieriger zu bewältigen.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch

2022 Gökhan Gebel

Imkern mit dem Magazin und mit der Varroatose, Karl Pfefferle, 15. Aufl., 2011

Mit Karl Pfefferle (1918 - 2009) ist die Einführung der modernen Magazinbetriebsweise verbunden. Auch er zählt zu den Großen im deutschen Imkerhandwerk. Mit 16 Jahren übernahm er 100 Imkervölker seines verstorbenen Großvaters. So war sein Weg schon früh gezeichnet.

Bienenvölker vermehren sich durch Schwärme. In der Imkerei wird dies durch Ableger und Kunstschwärme vorweggenommen.

Damit sich die Völkerzahlen nicht jedes Jahr verdoppeln und die bestehenden Wirtschaftsvölker nicht vergreisen ist ein geeignetes Rotationsverfahren vorzusehen. Genau dies ist ein wesentliches Merkmal seiner Betriebsweise.

Das Rotationsprinzip mit Aufbau von Jungvölkern in "Ruck-Zuck"-Begattungskästen mit Königinnenzucht zur einfachen Verjüngung der Völker im Jahresablauf war sein Markenzeichen. Einprägsam war der Satz: Auf der Jungvolkstation werden die  "Rennpferde" für die kommende Saison geschaffen.

Fazit: Das Buch enthält für jeden noch viele lohnenswerte Hilfstellungen und ist daher sehr lesenswert. Die ausgezeichnete Bebilderung ist beachtlich.

2022 Gökhan Gebel

Eine sehr lesenswerte Festschrift zum 40-jährigen Bestehen der Gesellschaft der Freunde der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, 2004, S. 77 - 107.

Dr. Gerhard Liebig beschreibt in einem sehr sachlichen Ton die Betriebsweisen mit Einführung der Magazinbetriebsweise in Hohenheim seit 1954.

Viele der ursprünglichen Handhabungen wurden im Sinne einer guten imkerlichen Praxis ausgeführt. Die Untersuchungen wurden (S. 79): "hauptsächlich nach der Methode „Versuch – Irrtum – Versuch…“ (Sachs, 1978) gearbeitet". Mit der Einführung von vergleichenden Studien konnten wissenschaftlich fundierte Aussagen getroffen werden.

Einige wichtige Ergebnisse:

  • Das Imkern mit oder ohne Absperrgitter. Beim Absperrgitter wurde angenommen, dass sie sich negativ auf die Volksentwicklung auswirke. Durch einfaches Zählen von Versuchs- und Kontrollvölker konnte nachgeweisen werden, dass der Bienenbesatz mit und ohne Absperrgitter gleich ist. Das Absperrgitter ermöglicht dagagen ein kompaktes Brutnest und macht die Behandlung der ausgeschleuderten Honigwaben zum Schutz gegen Wachsmotten überflüssig.
  • Auf- oder Untersetzen eines zweiten Brutraums. Bei Vergleichsuntersuchungen konnten keine Vorteile beim Untersetzen beoabachtet werden. Das Aufsetzen ist kraft- und zeitsparender.
  • Völkern Raum geben zur Schwarmverhinderung. Durch vergleichende Untersuchungen konnten keine Unterschiede zwischen 2-Zargen und 4-Zargenvölker festgestellt werden. Die Schwarmneigung war beidesmal gleich.
  • Reizfütterung – Es konnten keine Unterschiede zwischen Völkern mit und ohne Reizfütterung festgestellt werden.

Fazit: Für erfahrene Imker ein lohnender Rückblick auf 40 Jahre Imkerpraxis.

2022 Gökhan Gebel

In 2015 erfolgte die Begleitung in den Monatsbetrachtungen durch Dr. Gerhard Liebig.

Die provokante Art von Dr. Gerhard Liebig ist nicht jedermanns Sache. Die Leserbriefe als Reaktion zu seinen Aufsätzen gingen über mehrere Seiten und das darf erwähnt werden, keinesfalls zustimmend. Entweder wird man sich völlig bestätigt fühlen oder ihm überhaupt nicht zustimmen. Interessant ist es auf jeden Fall.

Für die Beurteilung der Aufsätze ist daher eine gewisse Erfahrung notwendig, so dass diese Empfehlung auf der Expertenseite veröffentlicht ist.

2022 Gökhan Gebel